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- 18.110
INTERNE UNTERSUCHUNG BEI KPN:
Beim Mobilfunkbetreiber KPN hätte Huawei Telefongespräche abhören können.
Das geht aus einer internen Untersuchung hervor. Huawei widerspricht.
Der chinesische Telekommunikationsausrüster Huawei soll in der Vergangenheit freien Zugang zum Mobilfunknetz des niederländischen Telekommunikationsanbieters KPN gehabt haben.
Das geht laut den niederländischen Zeitungen De Volkskrant (Paywall) und NL Times aus einem geheimen Bericht aus dem Jahr 2010 hervor. Huawei widerspricht dieser Darstellung.
Laut den Zeitungen setzt KPN in seinem Mobilfunknetz seit 2009 auf Technik von Huawei. Zudem arbeiteten sechs Huawei-Angestellte in der KPN-Zentrale in Den Haag, da KPN die Wartung des Kernnetzes ausgelagert hatte. 2010 beauftragte KPN die IT-Consultingfirma Capgemini mit einer Analyse der damit verbundenen Risiken.
In dieser kommen die Forschenden zu dem Schluss, das Huawei-Angestellte sowohl aus KPN-Gebäuden heraus, als auch von China aus unbefugt, unkontrolliert und unbegrenzt KPN-Mobilfunknummern abhören konnten.
KPN habe Huawei Zugang zum Herzstück des Mobilfunknetzes gewährt.
Ob und wie oft diese Zugriffsmöglichkeit genutzt wurde, könne jedoch nicht gesagt werden, da keine Aufzeichnungen dazu existierten.
Laut den Zeitungsberichten hätten damit auch die Telefone des damaligen Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende, verschiedener Minister und chinesischer Dissidenten abgehört werden können.
Huawei habe auch gewusst, welche Nummern von Polizei oder Geheimdiensten abgehört wurden.
"Der Fortbestand von KPN Mobile ist ernsthaft gefährdet, weil Genehmigungen widerrufen werden könnten oder die Regierung und Unternehmen ihr Vertrauen in KPN aufgeben könnten, wenn bekannt wird, dass die chinesische Regierung KPN-Mobilfunknummern abhören und das Netzwerk abschalten kann", zitiert De Volkskrant den Capgemini-Bericht.
Unklar bleibt, ob nur die Betreuung des Kernnetzes oder weitere Teile der Infrastruktur ausgelagert wurden. Über das Kernnetz laufen nur paketvermittelte Dienste. Sprachanrufe über paketvermittelte Dienste wie Voice-over-LTE kamen jedoch 2010 noch nicht zum Einsatz und konnten entsprechend nicht über das Kernnetz abgehört werden.
Wie reagierte KPN?
KPN habe sich in Folge des Capgemini-Berichts dazu entschieden, die Wartung des Kernnetzes mithilfe von europäischen Unternehmen selbst zu übernehmen, berichtet die NL Times. Laut einem weiteren Bericht von De Volkskrant widersprechen jedoch mehrere Angestellte der Darstellung von KPN. "Das Management des 4G-Mobilfunknetzes wurde an Huawei ausgelagert", sagte eine der Quellen bei KPN zu De Volkskrant. "Das Mobilfunknetz ist immer noch outgesourct."
Nach wie vor sollen die Geräte für das Kernnetz von 4G und 5G fast vollständig von Huawei stammen. Das sei an sich jedoch nicht verwunderlich, da Huawei gute und günstige Hardware liefere, schreibt die Zeitung und zitiert eine weitere Quelle: "Huawei-Geräte arbeiten so, dass ein Teil des Managements immer bei Huawei sein muss."
Weitere Vorschläge, wie eine Code-Analyse oder die Erstellung und Überwachung umfangreicher Protokolldateien, seien jedoch wegen zu hoher Kosten verworfen worden. "Es wäre so teuer, dass man genauso gut europäische Geräte kaufen könnte", sagte eine KPN-Quelle.
KPN teilte der Nachrichtenagentur ANP mit, dass "in all den Jahren nie festgestellt wurde, dass Kundendaten von Huawei aus unseren Netzen oder unseren Kundensystemen gestohlen oder angezapft worden sind." Wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte das Unternehmen "sicherlich die zuständigen Behörden und unsere Kunden informiert."
"Die Behauptung, dass der Premierminister von uns abgehört werden könnte, ist völlig unwahr und eine Unterschätzung der Sicherheit der Abhörumgebung. Es ist einfach nicht möglich", sagte Gert-Jan van Eck, Chief Operating Officer von Huawei Niederlande zu Golem.de.
Seit dem Start vor 15 Jahren sei Huawei Niederlande noch nie von den Regierungsbehörden wegen unerlaubter Handlungen zur Verantwortung gezogen worden, erklärt Huawei. Und das trotz der Tatsache, dass der Capgemini-Bericht offenbar seit mehr als zehn Jahren im Besitz der Geheimdienste sei, wie aus dem Artikel im De Volkskrant hervorgehe. Huawei selbst habe den Capgemini-Bericht nie einsehen können, weise aber die Behauptungen im Artikel zurück.
Beim Mobilfunkbetreiber KPN hätte Huawei Telefongespräche abhören können