Reizthema Akku: Striktes Energiesparen hilft gegen die ewige Suche nach einer Steckdose

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don_giovanni

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Heute möchte ich mich einmal ein wenig ausführlicher mit euch über das Thema Akku bzw. über das Energiesparen unterhalten. Dabei werde ich nicht nur auf einige der größten Energiefresser eingehen, sondern ich werde euch auch erzählen, wie ich es hinbekomme, oft genug mehr als zwei Tage Akkulaufzeit zu erreichen. Wie ich das mache, wird vielleicht manche von euch etwas erschrecken, aber dazu kommen wir erst ein wenig später. Jetzt möchte ich nämlich erst einmal das grundsätzliche Problem erläutern: Jeder von euch, der eines der aktuellen Top-Smartphones der letzten Jahre besessen hat, wird des öfteren an ein Gerät gelangt sein, bei dem er das Gefühl hatte, dass dieses Phone die geladene Energie aus dem Netzteil in etwa so lange speichert, wie man gemeinhin ein Kaugummi kaut - vielleicht eine halbe Stunde, allenfalls nur aus Gewohnheit auch noch ein wenig länger. Nun gut, dass ist jetzt eher metaphorisch als direkt so gemeint, aber jeder hier weiß, worauf ich hinaus will: Wir kaufen uns ein Smartphone für mehrere hundert Euro, sind total begeistert von dem Gerät, nutzen es entsprechend intensiv und freuen uns nen Keks - und dann ist das Teil plötzlich nach nem halben Tag mit seinem Akku im roten Bereich. Das halten wir beim ersten Mal vielleicht noch für einen Ausrutscher, spätestens nach mehreren solchen Vorfällen wissen wir aber: Das ist nicht nur ausnahmsweise passiert.

Als wir uns das Smartphone gekauft haben, waren wir fest davon ausgegangen, dass dieses mindestens genau so lange bei der Stange bleiben würde, wie unser vorheriges Phone - eigentlich sogar länger, es ist ja schließlich neuer und so. Doch die Ernüchterung stellt sich recht schnell ein. Und wir beginnen damit, stets ein Netzteil mit uns herum zu tragen oder alternativ ein s.g. Akku-Pack. Zu Zeiten von Nokia-Handys hätte man mit einem Akku-Pack anno 2016 mit 10.000 mAh Kapazität wohl problemlos eine Polarexpedition durchführen können, heute wäre solch ein Teil selbst für einen einwöchigen Urlaub nicht ausreichend, wenn keine Steckdose verfügbar ist. Woran das liegt? Vor allem an zweierlei Dingen: Zum einen werden natürlich die Smartphones immer leistungsstärker und damit auch energiehungriger. Bei dem, was mittlerweile technisch in einem Smartphone steckt, hätte man vor 20 oder gar vor 25 Jahren noch einen großen Samsonite-Koffer gebraucht, um alles mit sicher herum zu schleppen. Heute packen wir das alles in die Hosentasche.

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Foto: tblt.de

Zum anderen ist aber auch unsere Nutzung der Smartphones in den letzten Jahren deutlich intensiver geworden: Hatte man vor drei oder vier Jahren noch mehrheitlich SMS geschickt und telefoniert, zwischendurch mal ein bisschen im Internet gesurft und das Phone ansonsten primär ein mobiles Telefon sein lassen, so zeichnet sich heute ein ganz und gar anderes Nutzerverhalten ab. Die meisten Menschen kommunizieren primär über WhatsApp und andere Messenger miteinander, sind viel bei YouTube und Facebook unterwegs, fotografieren oft genug am laufenden Band oder streamen Musik aus dem Internet. All das kostet natürlich ordentlich Energie, die sich von der Füllung des Akkus subtrahiert. So ist es also kaum verwunderlich, dass unsere Smartphones trotz (leicht) größerer Akkus heute trotzdem immer und immer kürzer durchhalten. Daran sind nicht nur deren Hersteller schuld, auch wenn diese nicht wirklich übermäßige Anstrengungen erkennen lassen, an ihrem Teil der Misere etwas zu ändern.
Solange also alles Klagen über die zu schwach ausgestatteten Akkus nichts bringt, gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten, wie wir mit der Situation umgehen können: Möglichkeit 1 ist natürlich, wir nehmen ständig ein Netzteil überall hin mit und halten die Augen nach einer verfügbaren Steckdose offen, alternativ kann natürlich auch ein mobiles Akku-Pack mitgeführt werden. Möglichkeit 2 wäre hingegen, dass man seinen Energieverbrauch analysiert und überlegt, ob man dort nicht das ein oder andere optimieren kann, etwa durch ein verändertes Kommunikationsverhalten oder auch nur durch ein paar einfache Energiesparmaßnahmen. Über diese zweite Möglichkeit möchte ich mich im Folgenden mit euch noch ein bisschen ausführlicher unterhalten, denn hier kann man das Thema Akkuverbrauch deutlich besser angehen, als wenn man einfach nur immer wieder und immer öfter nachlädt. Ihr würdet doch auch bei einem Riss im Tank eures Autos nicht einfach öfter zur Tankstelle fahren oder bei einem Loch im Fahrradreifen einfach fester in die Pedale treten, wenn der Reifen platt ist, oder?

Um die größten Energieverbraucher auf eurem Gerät zu ermitteln, schaut ihr euch am besten einmal die Statistik zum Akku eures Smartphones an. Dort könnt ihr sehen, welche Anwendungen bzw. Prozesse es sind, die am meisten Appetit auf euren Akku-Inhalt haben. Das solltet ihr allerdings am besten nach einem Zeitraum eurer „standardmäßigen Nutzung“ machen, um aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen. Meist findet man in der Liste neben dem Display und Android OS vor allem solche Anwendungen wie Facebook, WhatsApp, aber (bei regelmäßiger Nutzung) auch die Kamera. Manchmal finden sich hier aber auch unerwartete Besucher, die man eigentlich gar nicht verwendet - und man wundert sich dann, was die denn bitte dort zu suchen haben. Wenn es sich um von euch nie wirklich aktiv genutzte Anwendungen handelt, solltet ihr diese am besten direkt deinstallieren oder zumindest deaktivieren; das kann im Zweifelsfall schon etwas bringen. Beim Akkuverbrauch des Displays kann man auch recht einfach ansetzen: Je niedriger die Helligkeit, desto geringer der Hunger des Panels. Allerdings sollte man auf seinem Display auch schon noch etwas erkennen können! Zu viel Geiz ist hier also ebenfalls nicht angebracht, es soll ja auch noch Spaß machen, sein Phone zu verwenden.

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Foto: brainscape.com

Perfider wird es dagegen, wenn der Akkuverbrauch vor allem auf Messaging-Dienste und Soziale Netzwerke zurückgeht: Daran kann man nämlich nur sehr bedingt etwas machen, außer vielleicht Facebook Lite zu installieren. Aber einmal abgesehen davon, ist hier vor allem die intensive Verwendung dieser Apps durch den Nutzer des Problem, sowie sekundär noch deren Hunger nach regelmäßigem Datenabgleich im Hintergrund. Jetzt beginnt das, was ich eingangs damit meinte, ich würde euch heute ein bisschen Angst einjagen: Denn mein erster Tipp in diesem Fall an euch ist, den Sozialen Netzwerken und WhatsApp weniger Aufmerksamkeit zu schenken - nicht mehr alles immer sofort erfahren zu wollen. Wenn WhatsApp und Facebook nicht mehr bei jedem Pups eure Aufmerksamkeit auf sich ziehen, habt ihr nicht nur eine deutliche Akkuersparnis, sondern ihr könnt euch auch besser auf das konzentrieren, was ihr gerade eigentlich tut. Zum Beispiel arbeiten. Oder in der Schule oder der Uni dem Lehrer bzw. Dozenten folgen.

Genug Studien haben mittlerweile gezeigt, dass wir Menschen gar nicht so multitaskingfähig sind, wie wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer glaubten. Dieser Einsicht sollte man Rechnung tragen. Natürlich sind die meisten Leute theoretisch (und auch praktisch) in der Lage, gleichzeitig zu Telefonieren und sich dabei - mehr oder weniger - sinnvolle Notizen zu machen. Aber trotzdem ist man dann bei beiden Sachen nur halb dabei, da die Ressourcen aufgeteilt sind. Deshalb ist es doch irgendwie schon ein bisschen unverschämt seinem realen Gesprächspartner gegenüber, wenn man auf dem Smartphone rumspielt, während man sich eigentlich unterhält. Überlegt bitte einmal, wieviel DoT (Display-on-Time) ihr so am Tag sparen könntet, wenn ihr nicht immer „nebenbei“ das Smartphone verwenden würdet, wenn ihr eigentlich etwas anderes tut bzw. zu tun hättet. Alles andere wäre so viel einfacher, intensiver und bewusster. Klar will man sich mancher Sachen auch gar nicht so bewusst sein, wenn man z.B. einen Job hat, der einen langweilt. Da ist aber nicht das Smartphone die Lösung, sondern ein neuer Arbeitsplatz.

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Foto: flickr.com/photos/jamiecat

Ich werde euch einfach mal verraten, wie ich mein Smartphone nutze: Ich habe das mobile Internet dauerhaft ausgeschaltet, switche es nur dann manuell an, wenn ich es wirklich kurz für eine Google-Suche oder eine Navigation brauche. Ansonsten bekommt mein Phone nur über WLAN Internet - und das wird auch nur dann eingeschaltet, wenn wirklich ein stabiles WLAN-Netz vorhanden ist. Weiterhin habe ich die Benutzung von Sozialen Diensten auf meinem Smartphone komplett eingestellt, auch einen Messenger verwende ich nicht. Facebook gibt es nur am PC, die restliche Kommunikation läuft über Email (auch nur am PC, nicht am Smartphone) und über SMS und Anrufe. Tatsächlich habe ich so mein soziales Umfeld in den letzten 1-2 Jahren wunderbar einnorden können, dass ich eben nicht ständig für jeden und alles erreichbar bin und man auf eine Antwort auch mal ein bisschen warten muss. Wenn etwas Wichtiges ist, kann man anrufen oder eine SMS schicken. Aber es gibt kein sonstiges Verfügbarkeits-Gedöns mehr, weder in der Familie, noch unter Freunden.

Natürlich schwimme ich damit nicht einfach mit dem Strom, sondern lehne WhatsApp und Dauer-Verfügbarkeit bewusst ab, was nicht jeder sich so für sich wünschen mag. Aber es geht auch so wunderbar! Und vor allem - sehr entspannt. Und ich höre regelmäßig von Freunden und Bekannten, dass sie es auch gerne so wie ich machen würden, es aber einfach aus unterschiedlichen Gründen nicht hinbekommen. Oder viel eher: Glauben, es nicht hinzubekommen. Was jedoch durch dieses Verhalten - neben viel mehr Entspannung - auch als Resultat herauskommt, ist eine vortreffliche Akkulaufzeit. Da das Smartphone beim Verzicht auf die Sozialen Dienste erhebliche Ressourcen für den reinen Standby frei hat, kann es sich oft genug „erholen“ und ich brauche keine regelmäßigen Steckdosen-Suchläufe zu fahren. Ich habe zwar auch ein Netzteil in meinem Rucksack, aber mein Akku-Pack habe ich im letzten Jahr meinem Vater geschenkt. Der kann das in seinem nächsten Urlaub gebrauchen.

Sicherlich ist mein Smartphone-Verhalten nicht die Patentlösung, die bei jedem von euch den Akkuverbrauch reduzieren wird, das ist vollkommen klar. ABER: Allein schon eine geringere Nutzung der besagten Dienste genügt, um deren Stromverbrauch zu reduzieren (weil die DoT sinkt). Man sollte stets sein eigenes Verhalten reflektieren, um zu merken, was man da eigentlich tut. Aus Langeweile ständig am Smartphone zu kleben, zeigt doch nur, dass man mentale oder/und körperliche Ressourcen frei hat! Die kann man doch weiß Gott besser nutzen, als rumzudaddeln. Wenn ihr also euren Smartphone-Akku schonen wollt, dann versucht es einfach einmal damit, dem Smartphone insgesamt ein bisschen weniger Stellenwert in eurem Leben einzuräumen. Es gibt so viele andere Dinge und Menschen, die das viel eher verdient haben. Und sich real mit Leuten zu treffen, ist - sofern man sich leiden kann - immer schöner, als ein Chat bei WhatsApp.

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Foto: cdn.evidero.de

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(im Forum "Plauderecke")

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Quellen:
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